Kein Dach über dem Leben – Biografie eines Obdachlosen Ein Gespräch mit Richard Brox über seine Erfahrungen als Kind von Überlebenden des Nationalsozialismus

Am 30. Januar 2020 lud der Verein AMCHA Deutschland den Buchautor Richard Brox zu einem Gespräch über seine Erfahrungen als Kind von Überlebenden des Nationalsozialismus in die TAZ Kantine ein. In seinem Buch „Kein Dach über dem Leben“, das Richard Brox 2017 in Zusammenarbeit mit Günter Wallraff veröffentlichte, erzählt er seine bewegende Lebensgeschichte als Obdachloser und versucht zugleich, seine Kindheitserfahrungen aufzuarbeiten.

Sowohl der Vater als auch die Mutter machten als Verfolgte des Nationalsozialismus im Krieg grauenhafte Erfahrungen in Konzentrationslagern. Der Vater stammte aus einer Sinti Familie, die Mutter war Jüdin. Als Kind erlebte Richard Brox die Albträume seiner Eltern mit, ohne diese jedoch richtig zu verstehen. Die Eltern selbst waren viel zu traumatisiert, um dem Kind vermitteln zu können, was damals geschehen war.

Richard Brox las sehr emotionale Passagen aus seinem Buch, die zeigen, wie charakterstark und furchtlos die Eltern für ihre Überzeugungen eintraten, wenn es darum ging, anderen zu helfen. Gleichzeitig beschreibt er aber auch, welch tiefe seelische Wunden die Kriegserlebnisse bei den Eltern hinterlassen hatten. Mit der Erziehung des Sohnes waren sie überfordert und es folgte für ihn eine Heimkarriere, in der er Gewalt und auch sexuellen Missbrauch erleben musste. Seine Befreiung fand Richard Brox schließlich in einem Leben als Obdachloser. Er bezeichnet sich selbst als bindungsunfähig. Beziehungen scheiterten ebenso wie Versuche, sesshaft zu werden.

Die Erzählungen zeigen, dass den Eltern das Schicksal des Sohnes nicht gleichgültig war. Dennoch waren sie aufgrund ihrer schrecklichen Erlebnisse nicht in der Lage, die Zukunft und eine Lebensperspektive für ihr Kind zu planen. Richard Brox erklärt es sich so, dass Teile ihrer Seele in den Konzentrationslagern gestorben zu sein schienen. Seine Eltern hätten ihm als Kind niemals Grenzen gesetzt, was er bedauert.
Vielleicht war es aber auch genau diese Freiheit, die ihn befähigte, sich nicht brechen zu lassen und trotz aller widriger Umstände so viel zu erreichen. Richard Brox ist auch ohne Schulabschluss klug und hat einen wachen Verstand. Sein Buch hat sich zu einem Bestseller entwickelt. Er setzt sich für die Belange der Obdachlosen ein und wird gehört.

Eindringlich mahnt Richard Brox die Zuhörer*innen, sich jedem Hass und Aufruf zur Gewalt gegenüber Minderheiten zu widersetzen, damit sich Vorkommnisse wie der Holocaust nicht in der nächsten Generation wiederholen.

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