„Schicksalsfrage Migration – Kippt die EU wegen der Migrationspolitik?“ Migrations­fragen nicht den Rechten überlassen

Am Mittwoch, dem 29.05.2024 fand in der TAZ Kantine ein Panel mit internationalen Journalist*innen zum Thema Migrationspolitik vor den EU Wahlen in zwei Panelrunden statt.
Teilnehmende waren:
Ghadir Hamadi, L’Orient Today, Libanon.
Mirco Keilberth, taz-Korrespondent, Tunesien.
Stavros Malichudis, Chefredakteur von Solomon, Griechenland.
Alessia Manzi, freie Autorin bei la Repubblica, Italien.
Agus Morales, Chefredakteur von Revista 5W, Spanien.
Hasna Belmekki, freie Journalistin für Radio Television Suisse, France Inter und marokkanische Medien, Marokko
Bernd Kasparek, Anthropologe
und
Clara Bünger, MdB die Linke
Moderiert wurde das Panel von Taz Redakteur Christian Jakob

In der ersten Panelrunde schilderte Ghadir Hamadi die Situation in Libanon. Libanon ist ein Land, das sehr viele Flüchtlinge aufnimmt. In Libano wachsen viele Flüchtlinge wachsen in Flüchtlingscamps auf und sterben in Flüchtlingscamps. Ihre Empfehlung, wie die Flüchtlingskrise gemeistert werden kann, ist „stop creating refugees“. Sie wies auf die katastrophalen Zustände in Gaza hin und prophezeite, dass die Unterstützung des Krieges in Israel auch wieder eine Flüchtlingswelle auslösen wird. Ein Zuschauer verlangte nach Moderation und forderte darauf hinzuweisen, dass die Hisbollah täglich aus dem Libanon Israel beschieße. Christian Jakob wies darauf hin, dass es der Journalistin freistehe selber zu entscheiden, worüber sie reden möchte. Ghardir Hamadi bat dann noch einmal um das Wort und entgegnete dem Zuschauer, dass in Gaza über 30.000 Zivilisten getötet worden seien und allein gestern über 40 Menschen bei lebendigem Leib verbrannt wären. Ja, es sei auch in Israel Unrecht passiert. Aber dies sei die andere Seite, die auch gehört werden müsse. Es wurde emotional und die Journalistin kämpfte mit den Tränen. Sie erhielt vom Publikum viel Applaus für ihr Statement.

Anschließend berichtete Mirco Keilberth aus Tunesien. Das Flüchtlingsabkommen der EU mit Tunesien hatte untet anderem dazu geführt, dass Flüchtlinge einfach in der Wüste ausgesetzt wurden, wo sie bei den hohen Temperaturen grausam verdursteten. Er bedauerte, dass der frühere natürliche Austausch zwischen Mittelmeerstaaten und Tunesien, jetzt zu einem einseitigem Strom nach Europa geworden sei. Klimawandel sei in den südlichen Ländern ein großes Thema. In einigen afrikanischen Ländern sind aufgrund von Dürren keine Ernten mehr möglich.

Der Anthropologe Bernd Kaparek wies darauf hin, dass in der EU viele hundert Millionen Euro für Migrationsforschung ausgegeben worden waren, die Ergebnisse jedoch in der Politik nicht berücksichtigt wurden. Er bezeichnete die Migrationspolitik der EU als die evidenzloseste Politik überhaupt.

In der zweiten Panelrunde schilderte Stavros Malichudis die Situation in Griechenland. Hier wurde das von Seehofer vorgeschlagene Modell der geschlossenen Flüchtlingszentren realisiert. Malichudis berichtete, dass diese Zentren technologisch exzellent ausgestattet seien mit Kameras, Biometrietechnik und vielen anderen hohen technischen Standards. Das meiste Geld sei in diese technische Ausrüstung geflossen. Für die Flüchtlinge und die Seenotrettung wird kaum Geld investiert. Die Lage in den Aufnahmezentren ist desaströs.

Die Italienerin Alessia Manzi erklärte die Popularität Melonis, die trotz wachsender Flüchtlingszahlen stark ist, mit ihrem Charisma. Trotz der rechten Position ihrer Partei seien die konservativen Parteien Europas bereit, mit ihr zusammenzuarbeiten.

Agus Morales aus Spanien erklärte, dass in Spanien Migration keine besondere Rolle im Wahlkampf einnehme. Es gäbe zwar auch hier die Situation, dass Flüchtlinge über die Grenzen kämen, jedoch sind die meisten nur auf Durchreise. Er wünschte sich, dass weniger die Flüchtlingspolitik als solche als mehr die Menschen und deren Schicksale in den Medien Gehör finden.

Die Linen Politikerin Clara BÜnger erklärte auf die Frage, weshalb ausgerechnet Carola Rackete, die ja als ehemalige Seenotretterin einen Ruf als Migrationsbefürworterin hat, in den Wahlkampf geschickt wird, dass es darum ginge, die Asylrechte nicht aufzuweichen. Sie halte es für sehr bedenklich, dass das Recht auf Asyl aufgeweicht werde. Hinter allen Geflüchteten stünden Einzelschicksale und es sei letzten Endes eine Frage des Glücks, in welchem Land man geboren sei.

Auf eine Zuschauerfrage, wie denn nun vernünftige Migrationspolitik aussehen sollte, antwortete Bernd Kasparek, dass allein das Word Migrationspolitik undemokratisch sei, da es über Migranten spricht, ohne diese mit einzubeziehen. Er bedauerte, dass nicht schon vor 10 Jahren die Weichen gestellt worden seien. Jetzt sei die Politik von den rechten Parteien getrieben, die weiter Zulauf erhalten.

Den gesamten Talk können Sie auf YouTube sehen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld.

*

Ich bin einverstanden.